Sechs Thesen zur Zukunft des Recruitings
Für Personalberater ändert sich durch Faktoren wie Globalisierung und Digitalisierung einiges. Was tun, wenn der Wettbewerbsdruck wächst und Kunden und Kandidaten immer höhere Erwartungen an Recruiter stellen? Die folgenden Thesen zeigen, in welche Richtung sich die Branche in Zukunft entwickeln könnte.
1. Personalberater mit Fokus auf eine Branche und Berufsgruppe sind am erfolgreichsten
HR-Abteilungen werden verstärkt selbst Kandidaten mit einfacher und mittlerer Ausbildung suchen und sie ansprechen. Bei der Suche nach Spezialisten oder Kandidaten für Managementpositionen werden sie stärker auf externe Hilfe zurückgreifen müssen. Dabei ist nicht nur Branchenexpertise gefragt. Die Studie des BPM zeigt auf, dass HR-Manager zwischen den Personalberatern sehr genau differenzieren: 82 % der Personaler bevorzugen Personalberater, die auf bestimmte Berufsgruppen spezialisiert sind. Erfolgreiche Personalberatungen positionieren sich deshalb in einer Branche, zum Beispiel Versicherungen und Finanzen, und einem Funktionsbereich, zum Beispiel Vertrieb und Marketing. Für HR-Manager sind diese Personalberater erste und meist einzige Ansprechpartner, wenn es um die Suche nach einer branchenkundigen Fach- und Führungskraft geht.
2. Recruiter werden zu vollwertigen HR-Consultants
Neben der Kandidatenidentifizierung, Direktansprache und Vorauswahl werden Recruiter stärker in angrenzenden HR-Beratungsfelder zum Einsatz kommen und den gesamten Recruitingprozess begleiten - von der Entwicklung eines Anforderungsprofils beziehungsweise der Stellenbeschreibung über die Kandidatenansprache bis hin zu Verfahren der Personaleignungsdiagnostik, Vertragsverhandlungen und zum Onboarding. Sie unterstützen ihre Ansprechpartner im HR dabei, die Unternehmensstrategie in eine Recruiting-Strategie zu übersetzen und Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, wie qualifizierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für das Unternehmen gewonnen werden können. Zu dem Zweck beschäftigen sie sich mit den Marktgegebenheiten der Branche und ziehen für ihre Kunden verwertbare Schlüsse daraus. Dafür ist ein ganzheitlicher Beratungsansatz notwendig, der neben dem eigentlichen Kerngeschäft deutlich mehr auf zusätzliche Beratungsinhalte rund um das Thema Human Resources abzielt. Um die richtigen Kandidaten für ein Unternehmen zu finden, achten Personalberater neben der fachlichen Eignung stärker auf persönliche und kulturelle Skills und nutzen dafür digitale Werkzeuge. Erfolgreiche Personalberater sprechen die Sprache ihrer Branche, kooperieren mit strategischen Dienstleistungspartnern und bauen ihr interdisziplinäres Team aus, indem sie Experten beschäftigen, die einen Bezug zur Branche haben. Dazu zählen beispielsweise Change Manager, PR- und Kommunikationsspezialisten und Experten für Leadership oder Executive Consulting.
3. Karrierecoach, Berater, Begleiter, Entscheidungshelfer
Qualifizierte Fach- und Führungskräfte sind in den sozialen Medien schwer zu finden oder zu überzeugen, denn sie erhalten unzählige Angebote anderer Recruiter. Deswegen sollten interessante Kandidaten nicht erst dann angesprochen werden, wenn eine konkrete Vakanz vorliegt. Vielmehr geht es um Perspektiven und Karrieremöglichkeiten für den Kandidaten. Hier kommt es zu einem Paradigmenwechsel, denn Recruiting erfolgt bisher provisionsbasiert und ist damit auf kurzfristige Erfolge ausgelegt. Aber das ist zu kurz gedacht: Viel wichtiger ist es, die Top-Kandidaten in ihrer Branche zu kennen und ihnen im passenden Moment das richtige Angebot zu machen. Ein neuer Typus einer Führungskraft wächst heran. In den kommenden Jahren werden junge, gut ausgebildete Manager das Ruder übernehmen, die bestens vernetzt und mit den digitalen Kanälen aufgewachsen sind. Sie wissen sehr genau, welche Optionen sie haben und welche Fähigkeiten gefragt sind. Die neue Rolle der Personalberater gleicht der des Spielerberaters im Profisport. Ihre Aufgabe wird es sein, die Kandidaten in ihrer Entscheidungsfindung professionell zubegleiten, zu coachen und Karrierewege aufzuzeigen.
4. Datenschutz wird wichtiger Maßstab für Recruiting-Professionalität
Die Speicherung personenbezogener Daten ist nicht mehr ohne Zustimmung des Kandidaten möglich. Deswegen müssen Recruitingprozesse stärker und detaillierter dokumentiert und auf Nachfrage nachvollziehbar sein. Die geplante E-Privacy-Verordnung hat ebenfalls Einfluss auf die Kandidatenansprache wie beispielsweise strengere Auflagen in der telefonischen Kontaktaufnahme oder im Tracking von Aktivitätsdaten auf der Website oder in eigenen Stellenportalen. Personalberatungen sind gezwungen, transparente, vollständig digitale und standardisierte Prozesse einzuführen. Darin liegt eine große Herausforderung für viele Personalberatungsunternehmen, aber auch ein Differenzierungsmerkmal zu anderen Anbietern, wenn der Datenschutz professionell und seriös umgesetzt ist.
5. HR-Abteilungen erwarten flexibles Recruiting “just in time”
Interim Management, projektbasierte Beschäftigung, aber auch eine erhöhte Fluktuation in einigen Branchen führen zu mehr Geschwindigkeit. Eine Befragung von StepStone zeigt auf, dass nur noch 17 % der 20.000 befragten Fach- und Führungskräfte in Deutschland sicher sind, dass sie in fünf Jahren noch bei demselben Arbeitgeber beschäftigt sind. Aber auch unternehmensstrategische Entscheidungen wie die Umsetzung der Digitalisierung haben in vielen Unternehmen oberste Priorität und bewirken stärkeren Handlungsdruck bei den HR-Abteilungen. Sie brauchen mehr Unterstützung, um die erforderlichen Stellen schnell und passend zu besetzen.
6. Digitale und intelligente Technologien machen Recruiting effizienter
Digitale Technologien werden standardisierte Aufgaben und Prozesse im Recruiting übernehmen und durch Automatisierung effizienter gestalten. Künstliche Intelligenz wird passgenaue Kandidaten liefern, wobei die Entscheidungen auf komplexen Analysen mehrerer Datenströme basieren. Fachliche Fähigkeiten mit den Informationen aus den Lebensläufen, sozialen Medien, virtuellen Persönlichkeitstests, Video-Pitches oder E-Assessments zu einem ganzheitlichen Bild über den Kandidaten zu verbinden, kann aufgrund der Daten- und Informationsmenge nicht mehr manuell bewältigt werden. Der Job des Personalberaters wird sein, mit den Ergebnissen, die ihm die intelligente Maschine selektiert, umzugehen. Dafür braucht es fachliche und branchenspezifische Expertise und ein Gefühl für die Unternehmenskultur, um den passenden Match zu finden. Das kann Künstliche Intelligenz nicht bewerkstelligen, denn dafür braucht es die Empathie des Recruiters, die auch in Zukunft wichtig sein wird.
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